9. April, 2020

Marketing und COVID-19: die unerwarteten Auswirkungen der Krise auf die Digitalisierung in der Schweiz

Die Corona-Krise (COVID-19) hat unser Leben in kurzer Zeit grundlegend verändert. Dies hat besonders grosse Auswirkungen auf die Nutzung von digitalen Technologien: Dank der Krise fangen endlich alle an, das Internet wirklich zu nutzen.

Mein Freund Jean-Pierre, schwört auf echte Bücher. Jetzt hat er aber trotzdem die Kindle-App auf seinem iPad installiert und verschlingt ein E-Book nach dem anderen.

Und dann ist da meine Nachbarin Caroline. Früher war es für sie eine Ehrensache, in kleinen Läden einzukaufen, aber jetzt lässt sie sich ihre Lebensmittel von einem grossen Supermarkt liefern, weil es viel bequemer ist. 

Meine Mutter hat sogar angefangen, über Skype zu babysitten!

Das kam natürlich unerwartet und ungeplant. Jetzt aber können wir sagen, dass COVID-19 eindeutig der wichtigste Faktor für den digitalen Wandels ist.

Data beats opinion

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Wir bei Enigma sind überzeugt, dass Fakten immer mehr Gewicht haben als persönliche Meinungen. Auch wenn ich viele Dinge um mich herum gesehen habe, so werde ich meine Analyse selbstverständlich auf fundierte Daten stützen.

Deshalb bat ich unser Digital Advertising-Team, die Ergebnisse unserer Kampagnen zu untersuchen, um die Auswirkungen des Coronavirus (COVID-19) auf das Marketing und das digitale Leben in der Schweiz zu identifizieren.

In diesem Artikel werde ich die Erkenntnisse unserer Analyse darlegen:

Die rückläufigen Wirtschaftszweige.

Die Aufsteiger.

Und vor allem die Besonderheiten und die Kommunikations- und Marketingmöglichkeiten, die Sie in Zeiten des Coronavirus nutzen können.

Die Verlierer

Es gibt drei Wirtschaftszweige, die sich wegen des Coronavirus (COVID-19) im freien Fall befinden. Die ersten beiden sind offensichtlich: Freizeit und Transport. Wir wissen zum Beispiel, dass die SBB einen Verkehrsrückgang von 80-90% verzeichnet hat, was sie dazu veranlasste, ihr Angebot zu reduzieren.

Auch die Freizeitaktivitäten sind stark betroffen, da alles geschlossen ist. Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht, aber ich wäre momentan bereit, mir irgendeinen Film in einem Kino anzusehen. Er müsste nicht mal gut sein.

Der dritte Sektor ist weniger offensichtlich, nämlich jener der langlebigen Güter: Zurzeit kauft niemand einen neuen Kühlschrank oder ein neues Auto. Auch der Bedarf an elektronischen Geräten wie Mobiltelefonen ist rückläufig, auch wenn sich dies zu Beginn der Krise, als jeder zu Hause einen zusätzlichen Computer oder Drucker benötigte, wie ein Anstieg anfühlte.

Die aktuellen Stars unter den Google-Suchbegriffen

Während es es einigen Branchen derzeit schlecht, gibt es andere Branchen, denen es sehr gut geht. Dazu gehören die Produzenten von Lebensmittelkonserven. Selbst mit Reserven für die nächsten 6 Monate sind die Schweizer immer noch beunruhigt!

Eine andere Form der körperlichen Bedürfnisse ermöglicht einem weiteren Wirtschaftszweig einen Aufschwung: die Pornoindustrie. Ja, es stimmt. Entsprechende Recherchen zeigen, dass solche Dienste zu Zeiten des Lockdowns sehr gefragt sind. Niemand würde es zugeben, aber die Daten beweisen es eindeutig.

Aber der eigentliche Star des Augenblicks ist das Toilettenpapier. Wir wissen es, wir haben es gesehen… aber es fällt immer noch jedem schwer zu verstehen, warum. Es ist wirklich sehr überraschend, und es gibt eine Menge Theorien dazu. Die erste ist die gedankliche Verbindung zwischen Viren und Ekel. Für den Verbraucher verursacht das Risiko, sich anzustecken, eine Ekelreaktion. Deshalb ist Toilettenpapier zu einem Symbol für Sicherheit geworden: Indem es an Hygiene und Sauberkeit erinnert, wird es auch mit der Abwesenheit von Verunreinigungen in Verbindung gebracht.

Die andere Erklärung hängt mit dem Gruppeneffekt zusammen. Dabei handelt es sich um eine bekannte kognitive Verzerrung der Wirklichkeit: Wenn man im Laden ein leeres Regal sieht, macht man sich Sorgen, weil man auf etwas keinen Zugriff mehr hat. Der Wert des Produkts übersteigt dann seinen Preis… und wenn es schliesslich gefunden wird, kauft man mehr, als man eigentlich sollte.

Internet-Konsum auf dem Vormarsch

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Unser Team hat festgestellt, dass ein digitaler Boom wie in dieser Zeit des Lockdowns noch nie dagewesen ist. In der Schweiz ist der digitale Datenverkehr im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum des Vorjahres im Durchschnitt um mehr als 27% gestiegen. 

Abgesehen von den Konsumgütern, die ich vorhin erwähnt habe, sind die eigentlichen Stars des Augenblicks die Medien. Die Websites mit den Rekordquoten sind nämlich jene der Schweizer Zeitschriften- und Zeitungsverlage.

Trotz des Verlustes nahezu aller Werbeeinnahmen generieren sie viermal mehr Besuche als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Und das ist qualitativer Traffic, denn die Besucher bleiben im Durchschnitt 4 Mal länger!

Andere Sektoren im Hoch

Online-Spiele

Online-Spiele sind beliebt. Der Traffic aus der Schweiz hat sich im Durchschnitt verdreifacht. Die Zunahme betrifft sowohl Videospiele als auch Brettspiele, die jetzt online gespielt werden, sowie auch Glücksspiele.

Entertainment

Auch Unterhaltungsseiten boomen. Hier haben sich die Besucherzahlen verdoppelt: +100% mehr als im gleichen Zeitraum vor einem Jahr.

Marketing und Kommunikation im Aufschwung

Einige Branchen haben also bereits von der Krise profitiert. Und die klügsten Akteure haben die Krise genutzt, um mehr denn je zu kommunizieren. Einigen bietet COVID-19 eine einmalige Möglichkeit für digitales Marketing.

E-Commerce

Der Online-Handel befindet sich mitten in einem Umbruch. Denn die beste Werbemassnahme, welche die Branche jemals gesehen hat, heisst COVID-19.  Aber man muss trotzdem wissen, wie man diesen externen Faktor zu seinem Vorteil nutzen kann. Offenbar funktioniert es recht gut: E-Commerce-Websites in der Schweiz haben während des Coronavirus im Durchschnitt viermal mehr für Werbung ausgegeben.  

Banken und Versicherungen

Diese beiden Branchen nutzen die Krise ebenfalls für ihre Kommunikation: Sie haben ihre Werbeausgaben verdreifacht.

Freizeit und Videospiele

Diejenigen, die ihre Dienste online anbieten können, haben ihre Ausgaben fast verdoppelt (+90%).

Gesundheit

Richtig gelesen: Während des Lockdowns achten wir mehr auf unsere Gesundheit. Auch Gesundheits-, Vitamin- und andere Online-Anbieter haben ihre Investitionen um 90% erhöht.

Internetanbieter

Die Schweizerinnen und Schweizer sollen Zuhause bleiben und das Internet wir stark genutzt, egal ob für die Arbeit oder Freizeit. Daher sind sie mehr denn je auf einen guten Anschluss angewiesen. Die Anbieter haben dies erkannt und intensivieren ihre Werbeaktivitäten: Ihre Ausgaben haben sich verdoppelt.

Marketing-Möglichkeiten, die es zu nutzen gilt

Diese Krisenzeit ist demnach auch eine Zeit der Chancen für die Wirtschaft. Was das digitale Marketing in Zeiten des Coronavirus betrifft, behalten wir zwei Punkte ganz genau im Auge: die digitalen Influencer und den Preis des Media-Space.

Digitale Influencer

Blogger, Instagrammer und andere digitale Influencer haben ebenfalls Rekordquoten bei ihrem Zielpublikum. Doch im Gegensatz zur Presse, die von ihren Inserenten im Stich gelassen wurde, gibt es auf hier keinerlei Rückgang der Aktivitäten. Genaue Zahlen können noch nicht vorgelegt werden, aber alles deutet darauf hin, dass die Ausgaben in diesem Sektor steigen.

Auf jeden Fall hat Enigma zahlreiche Anfragen von ausländischen Firmen erhalten, die auf der Suche nach Kontakten zu Schweizer Influencern sind. 

Preise für Media-Space

Noch nie war soviel Media-Space vorhanden wie heute. Und doch sind viele Inserenten aus der Werbung ausgestiegen. Natürlich muss man in Krisenzeiten seine Botschaft oft an den Kontext anpassen. Und das kann bei Unternehmen, denen es an Flexibilität mangelt, einige Zeit dauern. Das könnte eine Erklärung dafür sein.

Da es sich beim Media-Space um einen Auktionsmarkt handelt, sind die Preise im Moment ohnehin niedrig. Sie sind bis zu 40% tiefer als im vergangenen Jahr.

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Die Zukunft gehört den flexiblen und innovativen Unternehmen

Niemand hätte COVID-19 und die damit verbundene Krise vorhersehen können. Aber man sieht, dass sich die Welt bereits nach wenigen Wochen verändert hat. Es ist schwer abzuschätzen, was in den nächsten Wochen passieren wird und in welchem Tempo, aber es ist entscheidend, die sich bietenden Chancen zu ergreifen. Und es ist besser, diese Krise zu nutzen um zu lernen und anpassungsfähiger zu werden.

Unsere Zukunft hält sicherlich noch weitere mehr oder weniger positive Überraschungen bereit: Reaktionsfähigkeit und Flexibilität werden zu wesentlichen Faktoren, nicht nur für den Erfolg, sondern allein schon zum Überleben.

Quellen

Dieser Artikel wurde von Olivier Kennedy
am 9. April, 2020
in #Sonstiges veröffentlicht
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