11. August, 2017

In Sachen Storytelling und Service Design ist der einfache Weg langweilig

Während einem Gespräch mit Romain Pittet, unserem Storytelling Spezialisten hier bei Enigma, habe ich herausgefunden, dass gutes Service Design und gutes Storytelling viel gemeinsam haben.

Service Design ist in gewisser Weise die Kunst, langweilige Dienstleistungen (wie die einer Bank) für Kunden angenehm zu machen. Um dies zu erreichen, verlassen sich Service Designer auf ein gewisses Tool namens Customer Journey. Dieses Service Design Tool hilft aufzuzeigen, welche Interaktionen ein Kunde mit seiner Bank eingeht. Wann finden sie statt? Über welchen Kanal? Und noch viel wichtiger, wie fühlt sich der Kunde dabei? Diesen letzten Punkt nennen Service Design Spezialisten das emotionale Level.

Geschichten unterscheiden sich nicht gross von einem Customer Journey. Sie beinhalten ebenfalls einen Helden, der gegen ein komplexes System kämpfen muss, wobei er verschiedene Gefühlslagen durchlebt.

Gutes Service Design sollte Auf und Abs haben wie eine Geschichte

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So fühlt sich gutes Service Design an

Viele Service Designer glauben, es sei ihre Pflicht, den geschmeidigsten Customer Journey zu kreieren, den die Welt je gesehen hat. Das bedeutet, sie wollen emotionale Auf und Abs vermeiden. Sie möchten die Interaktion mit Ihrer Bank so einfach und stabil wie möglich gestalten. Doch ist das wirklich eine gute Idee?

Legen wir für eine Weile Meinungen beiseite und schauen wir uns an, was Studien herausgefunden haben.

An der letzten Service Design Konferenz, hielt Robert Neal eine grossartige Rede, die diese Idee zerstörte. Robert Neal ist ein Forscher im Bereich der angewandten Kongnitionswissenschaft, insbesondere der Verhaltensökonomie, und speziell im Bereich Service Design.

Während dieser Rede, zeigte Neal verschiedene Studien über Airbnb und über sein eigenes Beratungsunternehmen. Was diese Studien zeigten, ist, dass Menschen, die ein Problem mit einer Dienstleistung hatten, diese nach der Lösung des Problems besser bewerteten, als Menschen, die stets zufrieden waren.

In gewisser Weise ist das völlig logisch. Was wenn Darth Vader Prinzessin Leia nicht eingesperrt hätte? Na ja, Luke Skywalker hätte keinen Grund gehabt, von zu Hause wegzugehen. Es gäbe also auch keine Star Wars Geschichte. Genau wie eine Geschichte ohne Hindernisse, kann eine zu geschmeidige Dienstleistung langweilig sein.

Anstatt also den geschmeidigsten Customer Journey zu haben, sollten wir einen haben, der durch Storytelling inspiriert und mit Hindernissen und Siegen gespickt ist. Ein solcher Customer Journey würde emotionale Auf und Abs beinhalten, um das Kundenerlebnis zu verbessern.

Happy Ends können auch im Service Design verwendet werden

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Sogar eine Darmspiegelung kann ein tolles Erlebnis sein

Disney und Hollywood sind bekannte Geschichtenerzähler. Sie haben ein Markenzeichen für ihre Geschichten: Das Happy End. Als ich dieses Thema mit Romain Pittet diskutiert habe, sind wir zur Erkenntnis gelangt, dass Happy Ends auch in Dienstleistungen eingebaut werden können. Wir haben sogar Forschungsarbeiten gefunden, die den Effekt eines Happy Ends auf Dienstleistungen beweisen.

2003 wurde von Donald A. Redelmeier, Joel Katz und Daniel Kahneman eine Studie über Darmspiegelungen durchgeführt. Darmspiegelungen sind kein erfreuliches Erlebnis, doch leider wird für die meisten Menschen die Zeit kommen, da sie sich einer unterziehen müssen.

Die Forscher fanden zwei Gruppen von Patienten. Eine Gruppe durchlief eine klassische Prozedur. Die zweite Gruppe erhielt eine spezielle Behandlung. Die spezielle Prozedur dauerte ein wenig länger als die klassische. Doch während der letzten Momente der Behandlung tat der Doktor kaum noch etwas. Während dieser Phase passierte eigentlich gar nichts mehr. Der Prozess wurde pausiert.

Wie sich herausstellte, empfanden diese Patienten, die die längere Behandlung mit der unnötigen aber schmerzfreien Schlussphase durchliefen, den ganzen Prozess als weniger schmerzhaft als diese Patienten, welche die klassische Behandlung erhielten. Doch es wird noch besser. Bei der Gruppe, die die neue Prozedur durchlief, war eine Rückkehr und das Unterziehen einer ähnlichen Behandlung wie beim ersten Mal sogar wahrscheinlicher als in der klassischen Gruppe.

Das nennen wir die Peak End Regel. Das zeigt uns, dass die Erinnerung an ein Erlebnis nicht gleich die Summe aller kleiner Momente dieses Erlebnisses ist. Nein, die Erinnerung an ein Erlebnis wird meistens von dessen letzten Momenten beeinflusst.

Dienstleistungen sollten nicht langweilig sein

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Das Service Design von Dienstleistungen sollte durch Storytelling inspiriert sein. Einen geregelten oder geschmeidigen User Journey zu haben, wird nicht dazu führen, dass sich Leute darüber freuen. Alles gut zu machen und am Ende doch zu scheitern, funktioniert auch nicht. Es braucht auch bei Dienstleistungen ein Happy End.

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