13. Januar, 2022

Dark Patterns: Was sind sie und wie kann man sich schützen?

Bei der Benutzererfahrung geht es darum, allen Besuchern Ihrer Website das Leben zu erleichtern, um Ihre Beziehung auf die angenehmste Art und Weise für alle zu beginnen. In einer idealen Welt hätte die Schaffung eines perfekten Nutzererlebnisses für jedes Unternehmen Priorität. Einige Unternehmen greifen jedoch auf fragwürdige Praktiken zurück, um die Nutzer zu etwas zu verleiten, was diese vielleicht gar nicht wollen. Am Ende kreuzen die Leute das falsche Kästchen an oder zahlen zusätzliche Gebühren, ohne es zu merken, weil diese Unternehmen wissen, wie sie auf Kosten der Nutzer diese dazu bringen können, das für das Geschäft Vorteilhafteste zu tun..

Lügen ist nie gut. Deshalb möchten wir diese Praktiken, die sogenannten Dark Patterns (auch als deceptive design patterns bekannt), hervorheben und Ihnen helfen, sie zu erkennen, um sie vor diesen irreführenden  digitalen Erfahrungen zu schützen. Was genau sind diese Muster? Wie kann man sie erkennen? Wie wirken sie sich auf die Verbraucher und ihre Wahrnehmung des Marketings aus? Die Antwort auf diese Fragen erfahren Sie anhand interaktiver Illustrationen, damit Sie sich im Internet sicher fühlen. 

Harry Brignull und der Kampf gegen Dark Patterns

Laut Harry Brignull, dem UX-Spezialisten, der den Kampf gegen Dark Patterns ins Leben gerufen hat, können solche betrügerischen Praktiken als „Funktionen, welche Nutzer zu Aktionen verleiten die sie eigentlich nicht tun möchten, die aber dem betreffenden Unternehmen nützen“ definiert werden. Man kann in einer App oder auf einer Website auf Dark Patterns stossen und in die Falle tappen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Da die Menschen nicht jedem einzelnen online gelesenen Wort ihre volle Aufmerksamkeit schenken, können sie leicht dazu verleitet werden, das falsche Kästchen anzukreuzen oder sich in eine E-Mail-Liste einzutragen, an der sie gar nicht beteiligt sein wollen.

Harry Brignull war der erste, der das Bewusstsein für Dark Patterns schärfte, und kämpft seit 2010 gegen diese. Auf seiner Website finden Sie Hunderte von Beispielen in der „Hall of Shame“, welche Unternehmen mit solchen betrügerischen Muster ins Rampenlicht stellt.  

Werfen wir einen genaueren Blick auf die 12 Arten von trügerischen Designmustern, die da draussen identifiziert wurden:

1. Trick questions

Stellen Sie sich vor, Sie füllen ein Formular auf einer Website aus. Sie lesen die Fragen und verstehen alles, aber bei genauerem Hinsehen sehen sie, dass nach etwas anderem gefragt wird und Sie eine Antwort gegeben haben, die Sie nicht geben wollten. Wenn man zum Beispiel positiv auf eine negativ formulierte Aktion antwortet, entsteht eine kognitive Dissonanz, die den Nutzer so verwirrt, dass dieser etwas abonniert, das er bei einer korrekten Formulierung normalerweise nicht abonniert hätte.

1.TRICK QUESTION
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2. Sneak into basket

Wahrscheinlich haben Sie schon mehr als einmal die Erfahrung gemacht, dass sich etwas in den Warenkorb schleicht, während man versucht einen Online-Einkauf zu tätigen. Ursprünglich wollten Sie vielleicht ein Möbelstück oder eine Eintrittskarte für ein Live-Konzert kaufen, aber wenn Sie auf den detaillierten Warenkorb achten, werden Sie feststellen, dass Versicherungs- und Liefergebühren hinzugefügt wurden, ohne Sie um Ihre Zustimmung gebeten zu haben.  

In der Vergangenheit fügte das Internet-Hosting-Unternehmen GoDaddy einer Domäne automatisch und unaufgefordert Datenschutz hinzu. 

2. sneak into basket
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3. Roach motel

The Economist ist ein guter Schüler, wenn es um Roach-Motel-Praktiken – und andere Dark Patterns – geht. Denken Sie an den Song Hotel California von den Eagles: Es ist leicht, hineinzukommen, aber wenn man einmal drin ist, kommt man nicht mehr heraus. Das ist es, was Amazon seinen Abonnenten antut: Es ist extrem kompliziert, sein Konto zu löschen. Man kann es nicht selbst tun, sondern muss den Anbieter bitten, es für einen zu entfernen. 

3. roach motel
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4. Privacy zuckering

Mark Zuckerberg hat Harry Brignull inspiriert, welcher diese Praxis nach dem Gründer und CEO von Facebook benannt hat. Privacy Zuckering ist eine Taktik, die Sie dazu verleitet, mehr persönliche Informationen preiszugeben, als Sie beabsichtigt haben. Dabei werden oft komplexe und verwirrende Geschäftsbedingungen und Datenschutzrichtlinien verwendet, um die Nutzer dazu zu verleiten, ihre persönlichen Informationen an verschiedene Datenvermittlungsunternehmen weiterzugeben, ohne davon zu wissen. 

Wenn Sie sich für Werbematerialien anmelden, wird dies ebenfalls als Privacy Zuckering betrachtet. Das Beispiel von Ryanair veranschaulicht diese Praxis.

4. privacy zuck
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5. Price comparison prevention

Damit Sie nicht den Preis eines Pakets oder einer Einheit vergleichen können, verschleiern gewisse Einzelhändler bewusst Informationen, um das Treffen einer Entscheidung für Sie zu erschweren. Das häufigste Verhalten wäre dann, das Paket zu kaufen, was zu höheren Kosten im Vergleich zum Einzelpreis führt. 

5. pric compa
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6. Misdirection

Von Irreführung spricht man, wenn das Webdesign den Fokus absichtlich auf eine Sache legt, um Sie von einer anderen abzulenken. Wenn Sie zum Beispiel versuchen, ein Freepic-Abonnement zu kündigen, wird der Fokus absichtlich auf die Schaltfläche „Premium behalten“ gelegt. 

6. misdirection
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7. Hidden costs

Sie haben alle Artikel in den Warenkorb gelegt und sind bereit zu bezahlen. Plötzlich stellen Sie fest, dass der Gesamtbetrag nicht mit dem Preis übereinstimmt, den Sie zuvor gesehen haben und dass neue Gebühren aufgetaucht sind, die oft mit der Versicherung oder der Lieferung zusammenhängen. 

In der nachstehenden Abbildung erscheinen die Liefer- und Bearbeitungsgebühren erst im letzten Schritt. 

7. hidden costs
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8. Bait and switch

Auf Ihrem Bildschirm werden zwei explizite Optionen angezeigt, aber wenn Sie auf die gewünschte klicken, wird die andere Option ausgelöst. Das unerwünschte Upgrade von Microsoft 10 ist ein berühmtes Beispiel für dieses Dark Patterns. Das Schliessen des Popup-Fensters führte dazu, dass stattdessen das Upgrade gestartet wurde… und die Nutzer haben sich Gehör verschafft.  

8. bait and switch
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9. Confirmshaming

Schuldgefühle sind ein starkes Gefühl – und Confirmshaming weiss sie zu nutzen. Lehnt der Nutzer ein Angebot ab, wird er beschämt, um ihn zum Umdenken zu bewegen. Ein Button wie „Nein, ich möchte keine tollen Inhalte erhalten“ auf einem Newsletter-Pop-up ist ein gutes Beispiel.  

9. confirmshaming
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10. Disguised ads

Haben Sie schon einmal auf eine Download-Schaltfläche geklickt, weil Sie sicher waren, dass es sich nicht um Werbung handelt? Nun, da sind Sie nicht der Einzige. Der Name dieser Praxis ist ziemlich eindeutig: Anzeigen, die als andere Inhalte getarnt sind, um Sie zum Anklicken zu verleiten. 

Wenn Sie z. B. auf Microsofts Windows 11 nach Google Chrome suchen, werden Sie nicht finden, wonach Sie gesucht haben. Stattdessen wird Ihnen eine Microsoft Edge-Werbung mit einem Download-CTA angezeigt.   

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11. Forced continuity

Die meisten von uns haben schon schlechte Erfahrungen mit Mitgliedschaften in Fitnessstudios gemacht, die uns zur Zahlung zwingen, weil wir den Bruchteil einer Sekunde verpasst haben, um den Dienst abzubestellen. Das erzwungene Muster ist online dasselbe, und es kann bei so ziemlich jeder Art von Dienstleistung vorkommen. 

12. Friend spam

LinkedIn hat mit diesem Dark Patterns einen ziemlich grossen Skandal verursacht und musste 2015 eine Geldstrafe in Höhe von 13 Millionen zahlen. Der Trick bestand darin, Nutzer mit der Behauptung, sie würden für grossartige Networking-Möglichkeiten genutzt, dazu zu bewegen, ihre Kontakte freizugeben. Stattdessen nutzte die Plattform sie, um alle ihre Kontakte zu spammen. 

12. friend spam
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Warum ist der Kampf gegen Dark Patterns so wichtig?

Vertrauen ist die Grundlage für jede gesunde Beziehung. Wenn man das Vertrauen seiner Kunden verloren hat, braucht man viel Zeit, um es wiederzugewinnen – warum also nicht von Anfang an ehrlich sein? 

Darüber hinaus wirkt sich die Art und Weise, wie einige Unternehmen ihre Marketingaktivitäten handhaben, negativ auf den gesamten Bereich des Marketings aus. Sie sind der Grund dafür, dass manche Menschen Marketing als eine Reihe von unethischen, manipulativen Aktivitäten betrachten. Und es stimmt, dass sich hinterhältige Vermarkter Dark Patterns auf Kosten ihrer Nutzer zunutze machen. Doch glücklicherweise gibt es immer noch ehrliche Menschen, die bereit sind, Geld auf eine Art und Weise zu verdienen, die tatsächlich allen zugutekommt. 

Es ist alles eine Frage der Perspektive: Wenn Vermarkter die Psychologie zum Nachteil anderer einsetzen, sind sie betrügerisch und manipulativ. Wenn sie sie nutzen, um die Bedürfnisse ihrer Kunden besser zu verstehen und ihnen mit ihren Produkten und Dienstleistungen einen Mehrwert zu bieten, sind sie klug und hilfreich. Wir haben uns dafür entschieden, klug und hilfreich zu sein und das Bewusstsein gegen Praktiken zu schärfen, die dies nicht sind.  

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