8. September, 2017

Eine Marke ohne Problem ist eine seelenlose Marke

Die Mehrheit der Marken und Unternehmen lieben es, über Ihre Erfolge und Meilensteine zu sprechen. Üblicherweise werden Rückschläge und Versagen verschwiegen. Doch das ist bedauernswert. Können Sie sich Frodo aus Herr der Ringe vorstellen, der das Auenland in Richtung Schicksalsberg verlässt und ohne irgendwelche Probleme und Hindernisse seinen Ring in das Feuer wirft? Wie langweilig wäre das denn! Klar, schöne Bilder wären vorhanden, aber sonst L-A-N-G-W-E-I-L-I-G. So, liebe Marken. Seien Sie nicht schüchtern und trauen Sie sich, über Ihre Rückschläge zu sprechen. Denn diese sind es, die Ihrer Story Authentizität verleihen und sie für das Publikum interessant machen.

Stellen wir uns vor, Sie sind auf einer Party eingeladen. Dort spricht ein Typ über sein liebstes Hobby, er reist gerne um die Welt und erklimmt Berge. “Weisst du, ich besteige seit zwanzig Jahren die grössten Berge der Welt”. Vertrauenswürdig aussehend ergänzt er mit einer wegwerfenden Handbewegung: “Der Mont Blanc. Einfach”. Der Typ scheint von sich überzeugt. “Und den Everest? Ja, den habe ich natürlich auch erklommen.” Okay, an dieser Stelle wissen Sie, er ist ein Lügner.

Doch eigentlich verhält sich der Typ genau so, wie es viele Marken mit ihrem Storytelling tun.

Menschen sind Mängelwesen

Storytelling ist etwas Menschliches, weshalb wir dieses auf menschliche Eigenschaften stützen sollten. Menschen sind keine Roboter. Auch keine vollkommene Geschöpfe. Unordentlich und chaotisch trifft es besser. Sie haben Probleme und spezielle Charakterzüge. Genau wegen dieser Unvollkommenheit lieben wir andere Menschen. Schon in unserer Kindheit haben wir die Klassenbesten gehasst, die kleinen intelligenten Artgenossen, die Besserwisser.

Unternehmen sind eine Sammlung von Menschen

Die Basis von Marken und Unternehmen ist eine Sammlung von Menschen. Da ist der logische Rückschluss, dass Marken und Unternehmen ebenfalls Mängel aufweisen. Aber wieso sprechen Marken und Unternehmen nur über ihre Erfolge und darüber, wie toll sie sind? Ihr Storytelling handelt nur von ihrem Gelingen.

Dass sich die meisten Marken gegen aussen so geben, ist eine Tatsache und Grund Nummer eins, weshalb die Kunden denken, dass Marken täuschen. Heute lügt die grosse Mehrheit der Marken und Unternehmen, genau wie auch der Bergsteiger an der Party unserer vorherig erwähnten Geschichte.

Storytelling und Branding sollten Probleme einbeziehen

In der Theorie des Storytellings geht es darum, etwas einzusetzen, um eine Story wahr werden und fühlen zu lassen. Um dies zu erreichen brauchen Sie:


  1. Einen Held

  2. Einen Feind oder ein Problem

  3. Ein “gelobtes” Land

  4. Ein “Wieso nicht”?

  5. Einige zauberhafte Geschenke


Sind Sie über das zweite Element gestolpert? Um ein starkes Storytelling zu schaffen braucht es einen Feind oder ein Problem. Genau dasselbe ist es mit Marken: Wenn es in Ihrer Markenkommunikation nur darum geht, wie wunderbar Sie sind, werden Sie keine gute Geschichte aufsetzen können, denn das entscheidende Bauelement – das Problem – fehlt.

Scheitern als Teil des Storytellings

Twitter ist ein anschauliches Beispiel für eine Marke, die das Scheitern im Storytelling erwähnt hat. In Twitters frühen Anfängen hatte der Server einige Probleme. Oft stürzte die Seite ab und konnte eine Zeit lang nicht mehr genutzt werden. Das Twitter Team erstellte eine sogenannte “Misserfolg-Seite” und setzte dort ein Bild ein, das bald zu einer Ikone wurde.

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Sobald Twitter also zu viele Webseitenbesuche hatte, brach das System zusammen und ein Bild erschien mit einem von kleinen Vögeln getragenen Wal. Über dem Bild prangte folgender Titel: “Twitter befindet sich im Überkapazitätsmodus. Bitte warten Sie einen Moment und versuchen Sie es später noch einmal.”

Twitter wählte einen ehrlichen Kommunikationsweg. Mehr als das: Indem dieser Information eine Illustration beigefügt wurde, wurde ein Hauch visuellen Storytellings beigefügt. Entsprechend fielen die Reaktionen der Community aus. Statt diesen Fehler negativ zu handhaben, wurde er zu einer Ikone. Die Illustration wurde berühmt und endete auf Kuchen, T-shirts, Kissen, etc.

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Diese Kommunikation führte von der Information über einen Misserfolg zu einem weltweit bekannten Symbol. Nicht nur die Community sondern auch Künstler verwendeten das Symbol wieder.

Dieses Beispiel zeigt uns, dass eine menschliche Kommunikation Personen anzieht. Und manchmal bedeutet diese menschliche Kommunikation auch, über seine eigenen Fehler zu sprechen.

Auch wir sind nicht perfekt

Wir bei Enigma sind stolz darauf, nicht perfekt zu sein. In unserem zehnjährigen Bestehen haben wir viele Misserfolge durchlebt. Wir mussten uns von Personen verabschieden, weil wir nicht einsehen wollten, dass sie in diesem Umfeld nicht glücklich waren. Wir haben einige wichtige Fristen verpasst. Ja, wir sind gescheitert. Doch diese Misserfolge sind es, die uns heute ausmachen.

Eben weil wir von diesen Fehlern lernen mussten. Wir konnten dadurch Prozesse und Werkzeuge verbessern. Wir waren dazu fähig, die Probleme zu identifizieren, bevor diese als wirkliches Problem auftreten konnten.

Eines haben wir jedenfalls gelernt: Sich nie für seine eigenen Fehler schämen. Versuchen Sie nicht, diese zu verstecken. Fehler sind keine Probleme, solange sie helfen können, zu verbessern. Den Weg, den man wählt, um sie zu lösen, definiert schlussendlich, wer man wirklich ist. Sprechen Sie über Fehler. Sprechen Sie über Ihr Lernen daraus. Das ist es, was Ihre Geschichte zu einem spannenden Ereignis macht.

Sources:

Bild Torte:      IsaacMao/Flickr
Bild Kissen:   Mambembe Arts & Crafts/Flickr
Bild T-Shirt:  gaelx/flickr

Dieser Artikel wurde von Olivier Kennedy
am 8. September, 2017
in #Sonstiges veröffentlicht
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