Generative Identity
Zu seinem 25. Geburtstag gab sich das MIT Lab kürzlich eine neue visuelle Identität. Das Ergebnis war dermassen originell und komplex, dass es sofort zu einem Erfolg wurde.
Diese neue visuelle Identität wurde mithilfe des generativen Designs erstellt. Diese Mischtechnik, die auf Programmierung und insbesondere auf einem Algorithmus basiert, erlaubt es dem Designer, ein Regelsystem zu schaffen, das zahlreiche Ergebnisse generiert.
Mit dieser Technik, in der das Grafikdesign und das Schreiben von Codes verschmelzen, betritt eine neue Generation Designer Neuland, das den Marken und der breiten Öffentlichkeit noch gänzlich unbekannt ist. In der Tat ist die Ausbildung in Grafikdesign für die Designer der «Generation Y» (die zwischen 1980 und 1996 geboren wurden) häufig mit einer natürlichen und empirischen Verwendung von Technologien verbunden.
für die COP 15 2009 in Kopenhagen
Ob als reine Leidenschaft eines Computerfreaks oder als Programmier-Experiment in einer Garage – das generative Design hat längst seinen Platz in der Kunst- und Designwelt erobert. In seinem Artikel «What is Generative Art?» schlägt Philip Galanter die folgende Definition vor: «Generative Kunst bezeichnet jedes künstlerische Verfahren, in dem der Künstler ein System verwendet, z. B. ein in natürlicher Sprache formuliertes Regelsystem, ein Computerprogramm, eine Maschine oder eine andere verfahrenstechnische Erfindung, das mit einem gewissen Grad an Autonomie zur Schaffung des Kunstwerks beiträgt oder diese Schaffung vornimmt.»
Diese Definition unterstreicht, dass der Künstler dabei viel proaktiver agiert als in traditionellen Ansätzen. Der Künstler verwendet Regeln oder Richtlinien, um einen Rahmen zu erstellen, in dem zahlreiche Kunstwerke entstehen. Zwar existiert generative Kunst auch jenseits von Software und Computersystemen, an ihrer Entwicklung, die eng mit der Technologie verbunden ist, sind jedoch kreative Köpfe beteiligt, die hauptsächlich im Internet auftreten.
Ein Beispiel für die Möglichkeiten solcher Grafiksysteme
Diese zusätzliche Ebene verleiht dem Werk eine gewisse Autonomie und erlaubt es, eine quasi unendliche Anzahl an «Babyarbeiten» zu kreieren, die in Echtzeit Form annehmen. In anderen Worten: Diese Technik ergänzt das künstlerische Schaffen mit grundlegenden Konzepten der Programmierung. Das Kunstwerk wird Teil eines Prozesses, der grösser ist als das Werk selbst. Zuletzt kann das Kunstwerk dank der ungezügelten Dynamik der Remix-Kultur zu einem gemeinschaftlichen und offenen Rahmen werden, der sich stets weiterentwickelt. Traditionellerweise basiert die visuelle Identität eines Produkts oder einer Marke auf einer Zahl von Parametern, die üblicherweise mit Nutzungs- und Produktionszwängen in Verbindung stehen. Daher kann man beobachten, wie sich das archetypische und monolithische Logo, das wir alle kennen, in seinem Inhalt und seiner Form verändert.
Das Design spricht sowohl die und ästhetischen Aspekte als auch den Produktionsprozess eines visuellen Objekts oder eines interaktiven Konzepts an. In der Vergangenheit haben sich Logos im Kontext ihrer Verwendung und Produktion entwickelt. Später verliehen das Kino und das Fernsehen den Logos Bewegung; in einigen Fällen siegte die Ton-Ebene über den visuellen Aspekt (z. B. bei den Animationen von 20th Century Fox). Heute findet das Grafikdesign seine Inspiration in den Methoden der generativen Kunst. Ein führender Experte auf diesem Feld, Joshua Davis (USA), kreierte kürzlich einige visuelle Elemente für den deutschen Autobauer BMW. Auch andere, etwa Marius Watz aus Berlin, Quayola aus London und die Entwickler der Processing-Software, Ben Fry und Casey Reas, haben zur Weiterentwicklung und Verbreitung der generativen Kunst beigetragen.
Die Arbeit der beiden Studenten des MIT Media Lab ist eines der ausgefeiltesten Beispiele für die generative Kunst – nicht nur aus künstlerischer Sicht, sondern auch weil es den Kunden in zahlreiche Projektstufen einbindet. Die Studenten haben es geschafft, das Werk auf die Anforderungen des Kunden masszuschneidern und gleichzeitig seine Kohäsion und Klarheit über den gesamten Prozess zu wahren. Aus diesem Konzept entstand ein visuelles System aus 40’000 einzigartigen Umsetzungen in zwölf Farben (insgesamt 480’000 visuelle Einheiten). Jedes Mitglied des Media Lab erhält nicht nur ein einzigartiges persönliches Logo, sondern auch dessen Quellcode zur Reproduktion. Die vielen zur Verfügung gestellten Versionen spiegeln die Vielfalt an Ingenieuren, Künstlern, Designern und Wissenschaftlern wider, die im Media Lab zusammenkommen.
Wie viele andere Bereiche auch durchlebt das zeitgenössische Branding radikale Veränderungen, und zwar aufgrund neuer Modelle: der Kultur des Teilens in der freien Welt, der Remix-Kultur in der Musik, um nur zwei Beispiele zu nennen. Das Design bleibt von dieser Revolution nicht verschont. Auch wenn die Regeln des Brandings auf das dynamische Erscheinungsbild des Media Lab nicht anzuwenden sind, liefern sie doch für die interne Markenbildung grossartige Möglichkeiten auf der Entwicklungs- und Produktionsebene. Wir dürfen nicht vergessen, dass es die Menschen sind, die der Marke ein Gesicht verleihen: Diese visuelle Technik ist der beste Beweis dafür.